Presse:2008 07 25 Kölner Stadtanzeiger über Maulwürfe
Spuren ohne Grenzen
VON OLIVER CECH
In der Orangerie ist noch bis Mitte September das Stück "Maulwürfe" zu sehen. Das Drama von Klaus Fehling und dem Theater 1000 Hertz zeigt eine Gesellschaft unter Generalverdacht. Die Inszenierung ist unterhaltsames, unprätentiöses Theater. Eine verlassene Fabrikhalle im Kölner Süden. Bis vor kurzem hat hier die Firma Datascore mit Wissen gehandelt: Spuren von gläsernen Menschen gesammelt und verkauft. Das Geschäft lief glänzend. Doch jetzt steht die Halle leer. Datascore hat sich in Luft aufgelöst, übrig geblieben sind bloß einige Wände aus Umzugskartons. Was ist geschehen?
Die Pappwände fallen im Laufe von „Maulwürfe“, geschrieben von Klaus Fehling und dem Theater 1000 Hertz - sichtbar wird eine Gegenwart, in der die Grenzen von herkömmlicher und manipulierter Realität verschwimmen. Das Stück spiegelt die Diskussion um Datenprofile, um „Scores“. Bei jedem Einkauf, jeder Überweisung und jeder Reise hinterlassen wir Datenspuren, wird das Bild schärfer, das sich andere von uns machen.
Aber sind wir das wirklich selbst, die da sichtbar werden? Was passiert mit einer Gesellschaft unter Generalverdacht? Haben wir wirklich nichts zu verbergen? Diese Frage wird wirksam auf der Bühne aufgeworfen.
Drei Figuren treffen sich in der stillgelegten Lagerhalle von Datascore: H. findet die Brieftasche ihres Ehemanns und vermutet, dass er sie betrügt; C. korrigiert ihre Datenspuren, weil sie weiß, welche Folgen es haben kann, in den falschen Statistiken aufzutauchen; und A., ein anarchistischer Datendieb, stiftet Verwirrung, indem er Spuren durcheinanderbringt und Überwachungseinrichtungen zerstört.
Mäuse spielen mit
Hinter den Buchstaben verbergen sich die Namen der Schauspieler Heidrun Grote, Christina Vayhinger und Anton Weber. Sie haben ihre Figuren selbst entworfen, und im jeweiligen Umgang der Figuren mit Datenspuren spiegelt sich etwas von der Persönlichkeit der Darsteller. Fehling hat sichtlich Mühe, die auseinanderstrebenden Kräfte dramaturgisch zusammenzuhalten, und auch die Inszenierung Vayhingers schwankt zwischen übermütiger Burleske und finsterem Verschwörungsdrama. Gerade dies macht aber die Vitalität des Abends aus. Kein großer Wurf also - eher vier Würfe in vier Richtungen -, aber unterhaltsames, unprätentiöses Theater, das die Atmosphäre der Orangerie aufgreift und sogar die dort herumstreunenden Mäuse zum Bühnenereignis macht.
Aufführungen: 24. Juli (21 Uhr), 15. / 16. / 17. / 18. Sept. (20 Uhr), Orangerie Köln, Volksgartenstr. 25