Presse:2007 02 08 Kölnische Rundschau über Parallelwelten

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Kölnische Rundschau vom 8. Februar 2007

Einsam stinkend im Zugabteil

Unterwegs in "Parallelwelten"

von HANS-WILLI HERMANS

"Menschen machen alles": Vielleicht lässt sich durch diesen Satz von Mark Benecke am ehesten erklären, was ihn als Kriminalbiologen mit dem Schriftsteller Klaus Fehling und dem Maler Michael Hutter verbindet. In der Kölner Graphikwerkstatt erkunden sie "Parallelwelten" - zwei Abende mit abseitigen, tabuisierten und verdrängten Realitäten.

Beklemmend Beneckes Schilderung, wie er die mit Unmengen von Nippes vollgerümpelte Wohnung eines greisen Mordopfers auf Spuren von Körperflüssigkeiten untersucht. Mit fotografischen Stillleben von Blutlachen neben Zahnprotese und Fernbedienung etwa ist alles sorgsam dokumentiert. Kein Wunder, dass Benecke schwarzen Humor hat: "Wenn man den ICE betritt und nach Fualleiche stinkt, wird man von den Teenies schon mal ausgelacht. Der Job ist einfach unsexy."

In Fehlings Doppel-Drama "Risiken und Nebenwirkungen" (dessen erster Teil "Sigrids Risiken" war schon in Köln zu sehen) offenbart sich hinter dem Klischee von der friedlich den Kaffeetisch deckenden Mutter ein Familienkosmos von Hypochondrie und Gefühllosigkeit - und einer Tochter, die zur Terroristin wurde.

In Hutters Moritaten wiederum entpuppen sich die keuschen Prinzessinnen unserer Märchen als erotisch höchst versierte Hedonistinnen. ALles liebevoll, aber eindeutig gezeichnet und konsequent in romantisch altertümelndem Sprachduktus erzählt.

Das Publikum teilte die morbide Faszination des Abseitigen. Doch als Benecke als Zugabe überaus anschaulich über seine Erkenntnisse zum Thema "Unverweste Leichen und Vampire" referierte, schlich der Berichterstatter kurz vor Ende der spannenden Präsentation aus der Werkstatt. Voll des Bedauerns, aber mit flauem Magen...