Maulwürfe

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Maulwürfe (Arbeitstitel)

Ein Theaterstück über Spurenleger und Spurenleser. Zu schreiben von Klaus Fehling.

Zum Thema

Stellen Sie sich vor, wir finden eine Brieftasche. Darin der übliche Inhalt: Führerschein, Personalausweis, ein Foto des Lebensgefährten und der Kinder, EC-/Kreditkarte, ein paar Mitgliedsausweise von Videotheken, Bibliotheken, Vereinen, etc. Nachdem wir all das - und vielleicht sogar noch ein Rezept vom Hautarzt, einen Kontoauszug oder einen Einkaufszettel - gesehen haben, könnten wir glauben, den Besitzer der Brieftasche zu kennen. Wir trauen uns zu, zu entscheiden, ob wir diesem Menschen Geld leihen würden, ihn bedenkenlos in unser Wohnzimmer lassen oder ihm nicht mal die Hand geben würden. Wir wissen, wie er aussieht, kennen seine Gewohnheiten und Lebensumstände - alles aus seiner Brieftasche.

Die Datenspuren, die wir alle im Alltag ständig hinterlassen, ermöglichen jedem, der Zugriff darauf hat, ein genaues Profil unseres Verhaltens zu erstellen. Mit jedem Einkauf, jeder Überweisung, jedem Besuch eines Konzerts oder Fußballspiels, jedem Arztbesuch und jeder Reise wird das Bild, das andere sich von uns machen schärfer. Unser Gesicht kann auf den Videobildern der Überwachungskameras automatisch identifiziert werden und die Anzahl der Kleinwagenbesitzer in unserer Straße entscheidet mit darüber, ob wir einen Kredit bekommen oder wie lange wir in der Warteschleife eines Call-Centers warten müssen. Wir brauchen nicht unsere Brieftasche zu verlieren, um durchsichtig zu sein. Aber sind wir das wirklich selbst, die da sichtbar werden? Wie wird man einen schlechten "Score" wieder los? Glaubt man uns mehr als unserem Datenprofil? Was passiert mit einer Gesellschaft unter Generalverdacht? Und:

Haben wir wirklich nichts zu verbergen?

Schlagworte

Scoring

RFID

Videoüberwachung

Zum Stück

C. lebte ein ganz normales Leben und blickt zurück auf eine ganz normale Biografie. Er ist Single und Katzenhaarallergiker - und er ist arbeitslos. Über die Widersprüche in seinem Lebenslauf hat er sich nie Gedanken gemacht. Aber das Leben von C. ist unglaubwürdig. Das erfuhr er nicht nur von der Behörde, bei der er Hilfe zum Lebensunterhalt beantragen wollte, sondern immer häuifer auch im Alltag, bei Vorstellungsgesprächen, bei der Wohnungssuche usw. Weil C. sein Datenprofil nicht ändern kann, hat er beschlossen, sein Leben glaubwürdiger zu machen und folgt seitdem seiner Datenspur - auch wenn diese verlangt, dass er Katzenfutter und Frauenzeitschriften kauft.

Diese Datenspur führt ihn an diesem Tag in die Tiefgarage der Firma "Datascore". Denn hier, das weiss C., gibt es eine Überwachungskamera, deren Bilder gespeichert werden. C. will sich zu einer bestimmten Uhrzeit von dieser Kamera aufzeichnen lassen, um später glaubwürdig beweisen zu können, dass er dort war. In der Tiefgarage trifft er auf M., die dort herausfinden wollte, ob Ihr Mann sie betrügt, aber feststellen musste, dass dieser seit Monaten arbeitslos ist, und auf Z. der sich die Zerstörung der Überwachungskameras im öffentlichen Raum zum Ziel gemacht hat.