Presse:2006 10 14: Kölnische Rundschau vom über "Der Duft, das Geld und die Stadt"

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Im Dunstkreis der DuPonts

Ensemble Futur3 zeigt eine originelle Familien-Saga

von THOMAS LINDEN

Ein Haus, hell beleuchtet am Park im Kölner Stadtteil Marienburg. Drei Dutzend Menschen erwartungsvoll plaudernd in der Hauseinfahrt. Im Stil von Immobilienmaklern führen die Schauspieler von Futur3 durch das leere Gebäude. Das machen sie so gut, dass manche Besucher leicht verunsichert fragen: "Ist das nun Realität oder Theater?" Nachdem das Ensemble Futur3 schon in der Bäckerei eines Industriebetriebs, im Altenheim und in einem Café gespielt hat, erobert man sich diesmal die Wirklichkeit mit einer Expedition durch eine Marienburger Villa.

Der offene Kamin im Wohnzimmer zeigt noch Reste von Gebrauch, im Flur sieht man die Kratzspuren einer Katze, und dann beginnt "Der Duft, das Geld und die Stadt" mit einer Trauerfeier. Eine Familiengeschichte wird Szene für Szene nacherzählt. Die DuPonts, eine Eau-de-Cologne Dynastie, erlebt Aufstieg und Niedergang des "Rheinischen Kapitalismus".

Windige Marketingstrategien werden entworfen, und das Mäntelchen des Schweigens hängt man über die Jahre von 1933 bis 1945, "eine schwierige Zeit für die deutsche Wirtschaft", wie es heißt. Man geht mit der Geschichte durchs Haus und durch die Zeiten. Die Besucher erhalten einen kleinen Schemel und wandern von Zimmer zu Zimmer mit. Hier erlebt man die Familie am Mittagstisch, dort feiert der Sohn seinen 17. Geburtstag, die Tochter brennt mit dem Cousin durch, einem Künstler. Die Tante, die einstmals die Kinder hütete, wird vom Vater vor die Tür gesetzt, erlebt die Frauenbefreiung, züchtet bald Kräuter auf Hawai, und der Sohn schmiedet mit dem Cousin Unternehmensstrategien in der Sauna.

Die Konzeption von Futur3, Theater an Orten des Alltagslebens zu spielen, geht diesmal besonders eindrucksvoll auf. Die Texte sind pointiert, witzig und klug mit politischen Anspielungen durchsetzt.

Alle Klischees gekonnt bedient

Manche Szene könnte gründlicher erzählt sein, aber die Inszenierung, die man gemeinsam auf die Beine gestellt hat, ist hinreißend. Die sechs Schauspieler - Monika Barth, André Erlen, Rebecca-Madita Hundt, Stefan H. Kraft, Nicole Unger und Klaus-Maria Zehe - liefern eine vergnügliche Revue quer durch all jene Klischees, die wir aus den Familien-Sagas kennen.

Zwar geht man nicht über den Rahmen der Kolportage hinaus, aber diese Odyssee durch die Eingeweide einer Marienburger Dynastie ist originell und handwerklich tadellos präsentiert.